Freitag, 12. Oktober 2012

Ein schöner, entspannter Tag im Freibad

Ich habe noch einen Tagebuch-Eintrag von einem Besuch im Freibad gefunden, der sich mit Anreise, Eintritt, Schwimmen und Heimweg auseinandersetzt. Hochseriös. Alles.

Liebes Tagebuch,

ich packe so gegen 11 Uhr an einem freien Mittwoch mein Handtuch, ein Buch, eine Flasche Mineralwasser und eine Flasche Sonnencreme ein und setze mich ins Auto. Natürlich müsste ich nicht mit dem Auto fahren. Ich könnte ja auch mit dem Rad fahren. Aber Rad fahren ist genauso zum Kotzen wie Straßenbahn fahren... und zu Fuß geht nun wirklich nicht!

Also, ich fahre zum Schwimmbad. Je näher ich dem Schwimmbad komme, um so größer wird die Zahl der Radfahrer,die mit sonnigem Gemüt kreuz und quer nebeneinander und sowieso überall auf der Strasse herumschlingern, die Sonnenbrille auf der Nase und tonnenweise Krempel im Körbchen, wie zum Beispiel Luftmatratzen, Kühlboxen, Sonnenschirme oder ihren Nachwuchs. Man könnte glauben, manche wären aus ihren Häusern vertrieben auf dem Weg in die Fremde ... Aber nein, sie wollen tatsachlich nur einen Tag ins Schwimmbad. In tiefem Vertrauen auf den lieben Gott und meine Geduld rauschen sie also unkoordiniert vor meinem Auto herum...

Aber ich lasse mich nicht entmutigen und suche einen Parkplatz. Schatten wäre toll. Am besten nicht zu weit weg. Ich suche ungefähr eine halbe Stunde und stelle mich dann eineinhalb Kilometer vom Eingang entfernt gegen die Fahrtrichtung im absoluten Halteverbot auf einen sonnendurchfluteten Radweg, den die oben erwähnten Bekloppten komischerweise eisern ignorieren.

Vor der Kasse steht eine riesige Menschenmenge. Darunter auch fünf ältere Herren in Team Telekom-Outfits, die lauthals verkünden, dass sie nach 20 Kilometern Rad fahren jetzt noch 25 Bahnen schwimmen werden ... Interessante Triathlon-Variante: mit dem Fahrrad ins Schwimmbad, Herzinfarkt, und anschließend mit dem Krankenwagen wieder zurück. Drei Teenies zwangen sich durch die Reihe nach vorn. Auf meinen freundlichen Hinweis, sie sollten sich doch bitte hinten anstellen,
antwortet einer mit einem ebenso freundlichen: "Halt doch die Fresse, Wichser!"

Aber ich freu mich einfach nur weiter auf das kühle Nass und passe nebenbei auf, dass mir im Gedränge keiner den Geldbeutel klaut. An der Kasse mache ich meinen Anspruch auf Studentenermaßigung geltend. Die freundliche Dame bittet mich herein, lässt sich Studentenausweis, Personalausweis, Reisepass, Führerschein, EC-Karte, Organspender-Karte, Impfpass und Geburtsurkunde vorlegen und unterzieht mich einem Lugendetektortest. Nachdem das BKA meine Fingerabdrücke und mein polizeiliches Führungszeugnis überpruft hat, ewährt man mir tatsachlich ermäßigten Einlass in den Badespaß-Park!
Ich suche mir ein nettes Plätzchen auf der Wiese, lege mein Handtuch auf ein Ameisenloch und eine alte Portion Pommes und freu mich auf den schönen Tag. Die Vöglein singen, die Kinder schreien und die Kids nebenan erfreuen das ganze Schwimmbad mit dem lieblichen Geschrei von DJ Bobo und Daniel Küblböck, welches mit 112 Dezibel aus Ihrem Ghettoblaster dröhnt. Dann erfreue ich die Bienen und Wespen, indem ich mich von Kopf bis Fuß mit einer pampigen stinkigen Sonnencreme einschmiere. Sofort summen sie lustig um mich herum ... Ach, das Leben ist schön!

Nachdem ich mich eine halbe Stunde in der Sonne geräkelt habe, bekomme ich langsam Durst und greife zu meinem Wasser. Als ich gerade trinken möchte, donnert mir ein Fußball lustig hinten auf die Birne, was dazu führt, dass ich mir am Flaschenhals ein noch lustigeres kleines Stück vom Schneidezahn abschlage.Ich drehe mich um und da steht -so ein Zufall! Das sympathische kleine Arschkind vom Eingang! Entschuldigend sagt der Kleine zu mir: "Gib mein Ball her, du Missgeburt!" Da kann ich naturlich nicht nein sagen und werfe ihm den Ball zu. Im Schwimmbad ist es echt toll!

Doch ein Schluck Wasser konnte mich nicht wirklich erfrischen. Zeit fur einen Sprung ins kühle Nass! Nachdem ich einen netten Mann neben mir darum gebeten habe, doch ein Auge auf meine Sachen zu haben, während ich schwimme, schlendere ich zum Becken. Hier ist es toll! Viele kleine Kinder rennen herum. Eins rennt mir mit dem Kopf volle Kanne in die Eier und fängt an zu heulen. Maaaamaaaa!!!

Als ich mich noch unter Schmerzen auf dem Boden winde, kommt auch schon die Mutter angewalzt, die wahrscheinlich noch nie am Meer war (sonst hätten die Jungs von Greenpeace sie längst als vermeintlichen Blauwal in‘s Wasser zurückgewälzt) und schreit mich ein wenig an, was mir einfiele, so einfach am Becken vorbeizugehen wenn ihr Kind da herumtobt. Ja, das tut mir natürlich Leid... hätt‘ ich auch wirklich besser aufpassen müssen, ich Depp! Endlich bin ich im Wasser. Das ist echt schön! Das Sonnenöl von tausend Leuten schillert auf der Wasseroberflache, durch die Chlor-verätzten Augen scheint die Welt in einen lieblichen Schleier gehüllt. Ich tauche unter und genieße gerade den Wechsel zwischen kaltem Wasser und warmem Kinderurin, als mir ein nettes kleines Kind vom 3-Meter-Brett auf den Rücken springt. Als ich japsend auftauche, um mich zu entschuldigen, sehe ich, dass es ja genau das gleiche Kind wie eben war. Hach wie nett! Hoffentlich hat es sich nicht weh getan. Es hört auch tatsächlich gleich auf zu weinen, nachdem ich ihm meine Uhr geschenkt habe. So ein liebes Kind! Raus aus dem Wasser, zurück zum Platz.
Als ich dort ankomme, ist der nette Nachbar, der ein wenig auf meine Sachen aufgepasst hat, nicht mehr da. Mein Geldbeutel auch nicht. Dafür aber sein Hund, der gerade mein Schnitzelbrötchen frisst um danach in meinen Turnschuh zu scheißen. Netter Hund! Zu allem Überfluß ist auch noch irgendwie die Wasserflasche geplatzt, sodaß alle meine Sachen nass sind. Eigentlich bin ich sehr ausgeglichen ... aber jetzt ist es doch langsam genug.

Ich packe meine Sachen zusammen und den blöden Hund in die abschließbare Kühlbox seines freundlichen Herrchens. Selbige lasse ich, nachdem ich den Schlüssel im Ablauf der Dusche versenkt habe, feierlich im Wellenbecken zu Wasser und schaue mir belustigt den wilden Ritt an, wahrend ich ein paar Takte "Surfin‘ USA" pfeife. Mit dem Handy des Herrchens rufe ich eine 0190-Nummer an und werfe es dann aufs Dach der Umkleidekabinen. Jetzt habe ich mich schon beinahe beruhigt.

Ich schlendere zu meinem Fußball-Freund, nehme ihm den Ball ab und schieße ihn mit einem beeindruckenden Vollspann aus einem Meter Entfernung direkt in seine fröhliche Fresse. Nachdem er mit gebrochener Nase und einem aus mehreren Platzwunden blutendem Gesicht bewußtlos nach hinten umgefallen ist, nehme ich die Gelegenheit wahr, in seinem Rucksack noch ein kleines Feuerchen zu legen und mache mich auf den Weg zum Ausgang.

Der Ghettoblaster der Terror-Kids macht ein gar lustiges Geräusch, als er über den Zaun auf die dahinterliegende Bundesstrasse fliegt. Noch lustiger ist das Geräusch, als ihn kurz darauf ein 40-Tonner überrollt.

Als ich am Beckenrand vorbeikomme sehe ich meinen Kumpel vom 3-Meter-Brett. Da der Bademeister gerade dabei ist, einen Telekom-Opa aus dem Becken zu fischen nutze ich den Moment, schnapp mir die Badehose des netten kleinen Schweinepriesters und hänge sie nicht weit entfernt an einen hohen Ast.
Als ich am Ausgang ankomme schau ich mich ein letztes Mal um: Der Fußball-Penner hüpft plärrend um seinen brennenden Rucksack herum, umringt von den Terror-Kids, die immer noch nicht den Verlust ihres Ghettoblasters bemerkt haben. Das Feuer hat inzwischen auf benachbarte Bastmatten übergegriffen, die kleine 3-Meter-Brett-Nervensäge hüpft, umzingelt von 30 kreischenden Mädchen, nackt unter dem Badehosen-Baum herum und der nette Nachbar sucht verzweifelt seinen Hund. Die fest verschlossene Kühlbox zieht immer noch ihre Bahnen im Wellenbecken, und das Handy funkelt mir lustig vom Umkleidedach zu. Die Rechnung muss inzwischen bei etwa 98 Euro liegen ...

Als ich zum Auto zurückkomme, fehlt die Radioantenne, und der rechte Seitenspiegel ist abgetreten. Außerdem hängt ein Strafzettel dran. Ich nehme ihn ab, lese ihn aufmerksam durch und esse ihn dann auf. Anschließend klaube ich die Reste meines Seitenspiegels auf, und verteile die scharfkantigen Splitter zusammen mit den Überresten meiner Wasserflasche gleichmäßig auf dem Radweg.

Dann steig ich in mein brütend heißes Auto,. fahre los, und denke: Gar nicht so schlecht, so ein Besuch im Freibad!


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen